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Vielen Dank Ralf für deine Ausführungen zur 90-Tage-Regel. Ich stelle fest, dass wir hier in der Gesamtbetrachtung sehr nahe beieinander liegen. Das Verständnis zur Sinnhaftigkeit ist ein wichtiger Punkt zur Umsetzung und Anwendung der Regularien. Genau aus diesem Grund habe ich den letzten Artikel geschrieben und versucht die Hintergründe darzustellen. Zu deinen Punkten:

 1) Regelungsmechanismus

Hier ist vollkommen richtig erkannt, dass für die 90 Tage immer der Zeitraum rückwirkend betrachtet werden muss, ausgehend von dem Tag, an dem der Passagiersprung geplant ist. Allerdings ist diese Betrachtung in Zusammenhang mit der 90-Tage-Regel (auch international) nie anders gewesen (im Gegensatz zur Verlängerung der Berechtigung).

Der Vorschlag, die 90-Tage-Regel erst bei 90 Tagen ohne Sprung zu „aktivieren“, ist im Prinzip eine Reduzierung der 90-Tage-Regel auf nur 1 Sprung in den letzten 90 Tagen. Die Grundlage der 90-Tage-Regel bezieht sich auf die Inübunghaltung und daher ist es schwer nachvollziehbar, warum die gleichen Kriterien einen Unterschied zwischen Saison und Nicht-Saison machen sollten, was auch schwer rechtlich zu definieren wäre.

Der Vorschlag statt einer einfachen Sprungzahl eine Vorgabe für eine geeignete, zielgerichtete Auffrischung durchzuführen, entsprach im Prinzip dem ersten Vorschlag der TEK (Tandem-Examiner-Konferenz) vom November. Dieser Vorschlag wurde aber von selbigem Fachgremium bereits nach ca. 2 Monaten wieder zurückgenommen. Eine gezielte, sinnhafte Regelung sollte von der TEK erarbeitet werden, bedarf für eine verbindliche Umsetzung allerdings der angestrebten Änderung des §45a LuftPersV.

 2) Quantität

Hierzu muss man sagen, dass die 10 Sprünge (wenn auch früher als Alternative, als es noch der §122 LuftPersV war) bereits lange Bestandteil der 90-Tage-Regel sind. Auch wenn sich die Kausalität vielleicht nicht jedem sofort erschließt, ändert das nichts an der geltenden Rechtslage.

Ein Vergleich mit PPL/CPL ist aber nicht ganz zutreffend. Zum einen betrachte ich die Komplexität bei einem kleinen Flugzeug als nicht signifikant höher als bei einem Tandem-Fallschirmsystem. Zum anderen macht der Pilot seine 3 Starts und Landungen mit genau den gleichen Verfahren, die er dann auch mit Passagier im selben Luftfahrzeug anwendet, was beim Vergleich zwischen Solo- und Tandem-Sprung deutlich anders ist. Somit kann über den Unterschied als „Missverhältnis“ diskutiert werden.

 3) Art der Inübunghaltung

Die Annahme, dass ein Tandem-Fallschirm zur Inübunghaltung nicht zulässig wäre, ist nicht zutreffend. Ein Tandem-Fallschirm ist grundsätzlich ein Fallschirm und kann damit auch von jeder berechtigten Person gesprungen werden. Die 90-Tage-Regel kommt erst bei der Mitnahme eines Passagiers zur Anwendung. Somit ist das Springen mit Gewicht oder alleine nicht von der 90-Tage-Regel abhängig und daher jederzeit möglich. Zur technischen Seite bleibt anzumerken, dass ein Tandem-Fallschirm zwar ein Mindestgewicht hat, dieses aber das Exitgewicht darstellt und mit Ausrüstung von fast jedem Springer leicht erreicht wird (im Zweifel mit Bleiweste). Auch sind die Tandem-Fallschirme nicht mehr so viel größer als die großen Schulschirme (365ft² zu 300ft²) und auch bei kräftigem Wind durchaus gut zu handhaben.

Es wird vollkommen richtig dargestellt, dass die Verfahren von Solo- und Tandem-Sprüngen sich deutlich unterscheiden (was auch als Rechtfertigung für das im vorherigen Punkt angesprochene Missverhältnis betrachtet werden kann). Das Fachgremium für dieses Thema (TEK) hat die Aufgabe, fachlich sinnvolle Kriterien vorzuschlagen, die seitens der Behörde unter Beachtung der geltenden Vorschriften umgesetzt werden können.

 4) Rechtsstellung des Passagiers

In Bezug auf den Passagier bleibt leider zu bemerken, dass jede Person, die nicht berechtigt ist, das Lfz selbst zu führen, als Passagier betrachtet werden kann und damit erst bei Erfüllung des §45a als Passagier mitgenommen werden darf. Erst dann greift die Passagier-Haftpflichtversicherung.

Die angesprochenen qualifizierten Passagiere sind nicht als Passagiere, sondern Besatzungsmitglieder zu betrachten, da diese Aufgaben im Flug übernehmen und unter der Aufsicht eines Tandem-Examiners tätig sind, der auch die Verantwortung für diese Passagiere hat. Ohne Beteiligung eines Tandem-Examiners wird daher die Einstufung als qualifizierter Passagier im Sinne das TBH schwierig. Aus dieser Stellung ergibt sich in jedem Fall, dass die Passagier-Haftpflichtversicherung nicht aktiv ist, da es sich nicht um einen Passagier in diesem Sinne handelt. 

Vollkommen richtig ist, dass der §45a hier nicht das Problem darstellt, wohl aber der nicht vorhandene Versicherungsschutz bei Verletzungen. Bei der Durchführung eines Sprunges in dieser Konfiguration können Verletzungen daher nicht bei der Passagier-Haftpflichtversicherung geltend gemacht werden, was bereits in Gerichtsverfahren bestätigt wurde. Ob Sprünge mit qualifizierten Passagieren mit anderen Bereichen der LuftPersV vereinbar sind, wird zur Zeit ohnehin geprüft. Daher werden aktuell keine qualifizierten Passagiere mehr in der Schulung eingesetzt. Dies betrifft jedoch nur die Tandem-Examiner.

In Bezug auf den aktuellen §45a LuftPersV stellt sich die Frage allerdings nicht, weil auch bei Tandem-Sprüngen selbst mit einem Tandem-Examiner 10 Sprünge in den letzten 90 Tagen durchgeführt werden müssten.

Eine Änderung des §45a ist in der Beantragung und Voraussetzung für anderslautende Regelungen. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass dieser Antrag das gesamte Gesetzgebungsverfahren der LuftPersV durchlaufen muss und daher ein wenig Zeit benötigt und natürlich auch seitens des Gesetzgebers abgelehnt werden kann, wenn die Begründung der Abwägung nicht standhält.

Nicht zu vergessen ist aber auch, dass die Absolvierung der vorgeschriebenen Sprünge nur eine gesetzliche Auflage erfüllt, aber unter Umständen kein kausaler Gradmesser für eine adäquate Vorbereitung auf eine Passagierbeförderung ist – dazu gehört sicherlich mehr, wie die Wiederholung der Notverfahren und die mentale Vorbereitung.

Björn Korth VP DFV, BKF Vorstand

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