Der Fallschirmsport braucht eine echte Stimme, um weiterbestehen und sich erfolgreich entwickeln zu können. Sich eine auch bei staatlichen Stellen hörbare Stimme zu verschaffen, ist ein anspruchsvolles Unterfangen und das gerade dann, wenn sie dort hörbar sein soll, wo Berechtigungen zur Nutzung kritischer Ressourcen oder gar Gelder z.B. in Form von Sportfördermitteln verteilt werden. Denn dort krähen schon andere recht laut und auch schon sehr lange.
Unser DFV-Präsidium verfolgt mit großem Aufwand an persönlicher Lebenszeit und vermutlich hart zulasten der eigenen Lebensqualität genau dieses Ziel: eine hörbare Stimme für unseren Sport, verbunden mit Zugang zu den Fördertöpfen. Bei allen sich inzwischen einstellenden Etappensiegen ist die Erlangung der sogenannten „Sporthoheit“ für unseren Sport ein noch zu erzielender Teilerfolg.
Solche Teilerfolge sind sehr wichtig, aber die dauerhafte Existenzsicherung unseres Sports braucht eine breitere Basis. Reges Publikumsinteresse kann sich zu einer wichtigen Komponente entwickeln, aber das wird ein nach Lage der Dinge sehr langer Weg. Was jetzt erst mal wichtig ist, ist eine ganz vordergründig mitgliederzahlenmäßig beeindruckende Organisation. Denn so funktioniert unsere Welt und insbesondere unsere (Sport-)Politik nun einmal: Gehör und Berücksichtigung findet, wer viele Menschen hinter sich versammelt. Ist ja auch nicht völlig unvernünftig, macht allerdings die ersten Hürden besonders anstrengend.
Was bedeutet das für unser Verhalten?
Wir üben einen nicht ganz einfach zugänglichen Sport aus und sind derzeit (noch?) recht wenige, während die Welt da draußen vorzugsweise auf Masse reagiert. Das zwingt uns zu einer gewissen Geschlossenheit und Solidarität.
Naja, und da taucht schon das erste Problem auf:
Wir schöpfen bezüglich der „echten“ Mitglieder aus einem begrenzten, vermutlich aber nicht ganz unbedeutenden Potential, dem der lizensierten Springer. Alle anderen bisherigen Versuche der DFV-Mitgliedergenerierung (siehe Grafik) sind entweder nur zeitlich begrenzt wirksam wie die „Schnuppermitgliedschaften“ oder aber von ihrer Zahl her irrelevant wie die Fördermitgliedschaften.
Da war noch was …
Bei allem Bemühen um eine hörbare Stimme spielt für eine rege Verbands- und Lobby-Arbeit leider auch Geld eine Rolle – und an dieser Stelle sind insbesondere die Schnuppermitgliedschaften zwar sehr leicht reingeholte, aber mit € 2,- eben auch sehr schmale Taler. Natürlich fließen eingespielte DFV-Mitgliedsbeiträge in großen Teilen direkt in den Sport zurück, aber Lobby-Arbeit hat eben auch mit vielen Gesprächen und Präsenz und werblichen Maßnahmen der unterschiedlichsten Art zu tun – dafür haben andere Verbände bislang weit größere Budgets und damit auch mehr Sichtbarkeit und Durchsetzungskraft.
Das alles wissen wir und trotzdem …
Wir wissen, dass wir jedes Mitglied brauchen – im Idealfall aktiv, mindestens aber als Nummer und Zahler –, und trotzdem laufen immer noch Springer an unseren Manifest-Tresen vorbei ins Flugzeug, ohne über einen Verein oder auch direkt Mitglied in einem deutschen Verband wie dem DFV zu sein. Das gibt es in anderen (anders organisierten) Ländern und anderen Sportarten so nicht. Und wir als deutsche Springer treten klaglos in USPA oder andere Organisationen ein, um im Ausland springen zu dürfen. Und zahlen und leisten damit dort auch einen Beitrag – richtig so, denn wir nutzen dort von anderen auch für uns durchgesetzte Rechte.
Sind wir in Deutschland zu blöd?
Ja und nein. Die Lizenz ist bei uns nun einmal juristisch unabhängig von einer Verbandsmitgliedschaft im öffentlichen Luftraum nutzbar. Daran können wir nichts ändern.
Aber: Die wenigsten mitgliedschaftslosen Springer dürften am Flugplatz mit eigenem Absetzflugzeug und Piloten auftauchen – sie brauchen den Sprungplatzbetreiber, um in die Luft zu kommen. Insofern liegt es schon an uns bzw. den Sprungplatzbetreibern, ob wir Menschen, die die Leistungen unserer Solidargemeinschaft in Anspruch nehmen, auch mit in die Solidarität zwingen.
Sprungplatzbetreiber existieren, weil der Sport existiert. Daher schulden sie dem Sport etwas.
Ja, wir bei GoJump sind der Meinung, dass Sprungplatzbetreiber dem Sport etwas schulden, und zwar über das gelegentliche Fördern von Teams oder Nachwuchsspringern etc. hinaus, denn ohne schlagkräftigen Verband wird das letztlich auch nur begrenzt wirksam. Darum haben wir für den DFV mittlerweile mehr als 9.000 Schnuppermitglieder geworben und bezahlen diese aus den Erträgen des Tandemgeschäfts. Solches Tun ist auch Teil unserer Auffassung von Nachhaltigkeit. Und aus dem gleichen Grunde werden wir nun ab 2024 auch nicht mehr zulassen, dass sich in Gransee Springer den Minimalpflichten unserer Solidargemeinschaft entziehen.
Die Lösung ist (wieder einmal) puppeneinfach, da kann jeder mitmachen
Wir tun es einfach: Wer bei uns ab Saison 2024 springen will, muss seine direkte oder indirekte Mitgliedschaft in einem deutschen Verband (DFV oder DAeC) nachweisen – oder eben vor Ort eine solche erwerben. Für Springer mit Wohnsitz in Deutschland heißt das eine Wahl zu treffen zwischen dem Eintritt in unseren lokalen Verein, die FSG e.V., oder aber direktes DFV-Mitglied zu werden – dann kann sofort gesprungen werden. Alternativ können natürlich auch andere deutsche Vereins- bzw. Verbandsmitgliedschaften geschlossen werden, was aber u.U. zu einem zeitlichen Verzug führen könnte.
Für Springer mit Wohnsitz im Ausland bitten wir den DFV ein entsprechendes Mitgliedschaftsmodell zu schaffen, welches vielleicht zeitlich begrenzt ist auf z.B. zwei Jahre oder Eintrittsjahr plus zwei Kalenderjahre und einen zumutbaren (nicht marginalen) finanziellen Beitrag vorsieht, der sich an internationalen Gepflogenheiten orientiert.
Eines steht heute schon fest: Genau wie bei der Schnuppermitgliedschaft wird auch diese Aktion dank schlanker DFV-Administration keinen für den Sprungplatzbetreiber unzumutbaren Nachteil an organisatorischem und/oder finanziellem Aufwand bedeuten. Da gibt es wirklich keine Ausreden.
Ein hübscher Gedanke, denn es funktioniert in beide Richtungen: Springer wählen frei aus, wo sie ihr Geld ausgeben. Sie entscheiden, ob sie in nachhaltigen Sport investieren oder eben nicht. Und Sprungplatzbetreiber, die wie GoJump denken, entscheiden sich leichten Herzens für den Verzicht auf Umsätze mit Springern, die sich verhalten wie Schwarzfahrer in der Bahn, also andere für sich arbeiten und zahlen lassen wollen.
Jan Dietrich Hempel