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Unser Sport ist wunderbar! Mir fällt kaum eine Sportart ein, die solch tiefgreifende und rasante Entwicklung durchgemacht hat wie der Fallschirmsport. Schlaue Köpfe haben mit ihren Innovationen unsere Ausrüstung, Ausbildung, Trainingsmethoden und sogar neue Disziplinen geschaffen. Wo wären wir heute ohne Bill Booth, Olaf Zipser und Helmut Cloth?

Nun, technische und sportspezifische Neuerungen sind das eine. Das andere sind gesellschaftliche Veränderungen, die glücklicherweise auch bis in unseren Sport hineinreichen. Letztere haben es jedoch ungleich schwerer, weil wir als Menschen von u.a. individueller Sozialisation, gemachten Erfahrungen, Vorurteilen und Glaubenssätzen bestimmt werden, die sich hartnäckig halten und positive Veränderungen verzögern.
Die Veränderungen betreffen z.B. den Umgang mit Menschen anderer Ethnien, anderen Glaubens, anderen Geschlechts oder Menschen mit Behinderung, die vor Rassismus, Ableismus und Sexismus geschützt werden müssen. Der Deutsche Fallschirmsportverband lehnt jede Form von Gewalt strikt ab und hat, wie sehr viele andere Organisationen, dies in Ethikkodex, Leitlinien und Vision, Athletenvereinbarung, Kaderrichtlinien, Ausbildungsrichtlinien, WDM etc. festgeschrieben. Wiederholte Zuwiderhandlungen werden inzwischen, wie auch in anderen Bereichen des Sports, mit z.T. harten Sanktionen geahndet, nicht zuletzt, um einer Ausweitung von Aggressionen zuvorzukommen.

Beispiele:
Im Juni 2024 wird der Formel 1 Fahrer Yuki Tsamoda von den Stewards wegen seiner Äußerung am Funk: „They are so retarded!“ (Die sind ja so behindert!) noch am selben Tag zur Zahlung von $ 40.000 verurteilt. Die Hälfte davon wurde auf Bewährung ausgesetzt, nachdem er sich reumütig gezeigt und sich entschuldigt hatte.

Olympia Paris August 2024: Die australische Damenmannschaft im Schwimmen hatte soeben das Rennen gewonnen, als bis zur Ehrung eine kleine Pause entsteht. Der Brite Bob Ballard kommentiert diese live bei EUROSPORT mit: „Man weiß ja, wie die Frauen sind … sie hängen rum und schminken sich.“ Am nächsten Tag wird er von EUROSPORT mit sofortiger Wirkung als Kommentator suspendiert.

Der italienische Fußballer Marco Curto kassierte eine drakonische Strafe der FIFA: „Der Spieler Marco Curto wurde für diskriminierendes Verhalten verurteilt und mit einer Sperre von zehn Spielen belegt.“ Er hatte seinen Gegenspieler, den Südkoreaner Hee-chan Hwang, während eines Freundschaftsspiels im Juli 2024 mit Jackie Chan verglichen.

Zurück zur Fallschirmfamilie: Auch hier gibt es Menschen, die mit den gesellschaftlichen Veränderungen (noch) nicht Schritt halten können und manchmal kann man den Eindruck gewinnen, sie betrieben einen Parallelwettbewerb im Äußern von sexistischen, beleidigenden und herabwürdigenden Äußerungen: Je grenzüberschreitender, desto besser und umso lustiger …

Hierzu muss man wissen: Sexualisierte Gewalt sind alle Handlungen, die gegen den Willen eines Menschen (Frau, Mann, Kind, Jugendliche) aufgedrängt oder aufgezwungen werden. Dazu zählen auch verbale Handlungen, bei sexualisierter verbaler Gewalt kommen sie gern mit Verwendung von Vulgärausdrücken (geiler *rsch, T*tten, M*pse, Milcht*ten etc.) daher. Sie sind kein Versehen, auch nicht triebgesteuert, sondern setzen eine Entscheidung voraus. Die Entscheidung zu verletzen. Sie sind Ausdruck von Aggression, meist zur Herstellung eines Dominanzgefälles zugunsten des Verursachers. Häufig schwingt die Botschaft mit: „Ich kann so mit dir sprechen, und du kannst gar nichts dagegen tun.“

Im Jahr 2024 gilt für uns:
Sog. Herrenwitze sollten verortet werden, wohin sie gehören, nämlich in die Zeit der Pickelhauben. Der Mythos, dass sie witzig seien (oder es je waren), ist längst verwest. Wenn sie bisher zu eurem Repertoire gehörten: Übernehmt Verantwortung für euer Handeln, reflektiert und denkt um!
Für alle Kamerad*innen und Freund*innen des Fallschirmsports:

Ihr könnt etwas tun! Steht nicht einfach nur daneben und schaut zu, sondern seid mutig und sprecht das Fehlverhalten an, wenn ihr Zeuge werdet oder gar betroffen seid. Solidarisiert euch, holt das Thema aus der Tabuisierung und macht es zum Gegenstand eines offenen Gesprächs. Sollte das nicht die gewünschte Wirkung zeigen, wendet euch direkt an die Ansprechpartner des Sprungplatzes oder an uns, die Beauftragten für Gleichstellung und Inklusion
(gerda.klostermann@dfv.aero, nikolai.jaklitsch@dfv.aero).

Wir hören euch, arbeiten Vorfälle mit sexistischem Hintergrund zusammen mit euch auf und helfen.

An die Vereine:
Bekennt euch in eurer Satzung zu Gewaltfreiheit und ahndet (sexualisierte) Gewalt. Seid Vorbild und lebt eine Kultur des respektvollen Miteinanders, in der sich jede und jeder wohlfühlen und unser Sport mit Freude ausgeübt werden kann. Wenn ihr Schwierigkeiten oder Fragen habt, stehen wir selbstverständlich auch für euch gern beratend zur Verfügung.

Gerda Klostermann-Mace

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