Wie ich die Tunnel DM 2018 mit meinem 4way FS Teams 4FREE erlebt habe
Als ich vor 7 Jahren mit dem Springen anfing, hatte ich mir nach einer langjährigen Wett-Kampf-Sport-Karriere eigentlich vorgenommen„Nie wieder Wettbewerbe, nie mehr diesen Druck – nur noch Spaß und Gute Laune.“ Auf Anfrage meiner Springerfreunde vom FFX schreibe ich jetzt über meine 1. Deutsche Tunnel Meisterschaft – tja, so ist das mit dem eigentlich.
Wie man in so etwas hineingerät
Am Anfang stand die Idee, mit ‚Sinn und Verstand‘ zu springen, und, na klar, dabei fliegerisch besser zu werden. So hoben wir 2014 unser Team 4FREE aus der Wiege. Auf Trainingswochenenden folgten Tunnelcamps, eine Teilnahme beim MiniMeet, und aus dem Nichts hingen ein Jahr später die magischen Buchstaben DM im 4FREE-Universum. In Saarlouis schnupperten wir unsere erste Wettbewerbsluft – und mochten sie!
Weiter, mehr! Mit Deinem Team trotzt Du widrigem Wetter, vergeigten Exits, falschen Griffen und den erschreckenden Besuchen vom bösen Mr. Brainlock. Egal, das Team hält zusammen – Kritik kommt vom Trainer. Punkt.
Da drängt sich doch schon mal die Frage auf, wo hier der Spaß bleibt? Termine, Organisation, drillartiges Springen, nicht zu vergessen die Kosten? Für uns im Team liegt der Spaß im gemeinsamen Erreichen. Mir persönlich gefällt noch mehr, dass ich immer gewinne. Ich betreibe einen genialen Sport und lerne mit jedem 4FREE-Sprung dazu. Und wenn‘s mal nicht so läuft – Hey, ich springe mit meiner Mannschaft, die ich mag und der ich vertraue – Gibt‘s was Besseres?
Wie ein Wettbewerb abläuft
Du erfährst von solchen Veranstaltungen über die Kanäle des DFV, registrierst Dich für Deine Klasse und zahlst einen gewissen Betrag an. Vergiss nicht, gleich eine Unterkunft mitzubuchen!
Die Klasse, in der Du mit Deinem Team antrittst, kann Einsteiger, Fortgeschrittene oder Offen sein. Der Unterschied liegt in den möglichen Formationen, die zu springen sind. Es werden Randoms, sprich Formationen wie Stern oder Akkordeon, gesprungen. Dazu gibt es noch Blöcke, die mit einer Formation beginnen, einen Zwischenschritt – meist eine Ein- oder Zwei-Mann-Drehung – erfordern, und in einer weiteren Formation enden. Wir sind mit 4FREE in der Einsteigerklasse angetreten, da wir noch nicht allzuviel Tunnelerfahrung mit Blöcken haben.
Die Auswahl der Randoms und Blöcke ist nach Klasse eingegrenzt, in der Offenen kommen alle vor. Nach der Klasse unterscheidet sich auch die Anzahl der Formationen, die eine Runde in Deinem Sprung komplett machen. Dies sind in der Einsteigerklasse 3, also z.B. Stern-Akkordeon-Sidebuddy, in der Fortgeschrittenenklasse 4, in der Offenen 5.
Alle Mannschaften haben je 35 Sekunden Zeit, die gelosten Formationen in der angesagten Reihenfolge so oft wie möglich zu zeigen. Sind alle Griffe einer Formation gleichzeitig zu, gibt es einen Punkt. Sind die Griffe nicht gleichzeitig geschlossen, gibt es keinen Punkt, dann habt Ihr im wahrsten Sinne eine ‚Luftnummer‘ gezeigt.
Falsche Griffe geben einen der verhassten Bust-Punkte, also 1 Punkt Abzug.
In der Regel werden zehn Runden gesprungen, am Ende zählt die Gesamtpunktzahl aus allen Sprüngen. Da ist also bis zuletzt noch einiges drin… Die Tunnel DM 2018 dauerte zwei Tage, die Taktung zwischen den Sprüngen war auf ca. eineinhalb Stunden gelegt.
Wie es sich anfühlt
„Wir machen nur mit, weil es die erste Tunnel-DM ist, weil wir mal wissen wollen, wie es ist, … weil weil weil“. Natürlich sagt keine außer den Topmannschaften, dass sie gewinnen wollen. Dann ist es nicht so schlimm mit den Nerven – hoffen wir auch. Und außerdem ist es ja wie im Training, wir sind zu viert da drinnen, alles wie immer, oder?
Eben nicht. Aufgeregtes Gewusel in den Räumen des ISB, Springer, die ihre breakdance-artigen Sprungvorbereitungen betreiben, hier letzte Fragen, da ein Handschuh vergessen. Und auf einmal empfinde ich Wettbewerbs-Nervosität. Ich will so gut machen, wie ich kann, alle wollen das. Alle wollen … gewinnen!
Dann die erste Runde, die Teams wirken nervös, je niedriger die Klasse, umso mehr, scheint mir. 1 Minute Tunnel ist bekanntlich gar nichts, und schon geht’s wieder raus durch ein Spalier aus Abklatsch-Händen. Ich bin immer noch voll aufgedreht. Das ist mehr als das übliche Tunnelrauschen, das ist der Rausch des Wettbewerbs!
Kurze Pause, dann mit dem Trainer den nächsten Sprung durchgehen. Die FreeFlyer marschieren in Kreis und Karree, gestikulieren gen Himmel und Boden, als ob sie verschiedenen FreeFly Göttern gleichzeitig huldigen. Airbus, Atomix und co klären noch einen Winkel hier, ein Detail da: Wir sind mittendrin, in der DM!
So geht’s an Tag 1 durch die ersten fünf Runden. Wir lassen immer wieder Punkte hinterm Tunnelglas, ein ‚Bust‘ hier, ‚Incomplete Formation‘ da. Blicke auf die Tabelle – Eigentlich sind wir ja nur hier ‚weil‘!
Die letzten zwei Runden an Tag 2 sind reine Random-Runden. Wir liegen wohl positioniert zum Angriff auf Gold. Alle sind im Fieber. Das ‚Live-Judging‘ – d.h. Schiedrichter-Punkten, bei dem man auf Monitor mitschauen kann, erreicht dramatische Zuschauerzahlen. Ich denke: Eigentlich sind wir ja nur hier ‚weil‘.
Die nächste Runde wird’s bringen – Randoms können wir! …können wir auch vergeigen, unfassbar! Aber so ist Wettbewerb – neben Deinem Können brauchst Du Nerven, Durchhaltevermögen und ein bisschen Glück. Am Ende fehlt uns 1 Punkt auf den Sieger. Aber beim nächsten Mal!
Wie es weitergeht
Jetzt erstmal wieder runterkommen. „Hätte, hätte“ bringt nichts, hätten die anderen nämlich auch. Abends dann die Siegerehrung, Reden, Licht und Medaillen. ISB spendiert Tunnelzeit für die je ersten 3 Plätze – Dankeschön!
Hat es sich gelohnt?
Auf jeden Fall. Zuerst einmal haben wir unseren geliebten Sport betrieben. Wir wissen jetzt, dass wir es auch unter Druck können. Wir haben die Erfahrung und Unterstützung unserer Trainer genossen. Dazu kam der einzigartige, euphorisierende Rausch des Wettbewerbs, den man nicht simulieren kann. Wir sind angetreten, und wir haben es durchgezogen. Wir schauen auf unsere Shirts – wir sind ein Team!
Ralf von der Fecht – VauDeEff – 4FREE