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Speed Skydiving… Was ist das eigentlich?

Es könnte kaum einfacher sein: Raus aus dem Flieger und runter, so schnell du kannst. Speed Skydiving ist die schnellste nichtmotorisierte Sportart der Welt. Doppelt so schnell wie Formel 1. Und sie ist die jüngste Fallschirmsportdisziplin, seit 2016 von der FAI anerkannt.

Jedes Jahr werden die Speed Skydiving World Series ausgetragen, das sind etwa 4 Wettbewerbe in verschiedenen Ländern. In diesem Jahr finden sie in Italien (Fano), Deutschland (Illertissen), Belgien (Schaffen) und England (Dunkeswell) statt. Die besten zwei Wettbewerbe eines Sportlers zählen für die Gesamtwertung der Series. Die ISSA (International Speed Skydiving Association), die über allem wacht, führt in der Eternal Ranking List Buch über die Bestleistungen aller Wettkämpfer, die jemals an einem ISSA-Wettbewerb teilgenommen haben. Die Liste ist abzurufen unter: www.speed-skydiving.com.

Wie jede Disziplin hat auch Speed Skydiving Regeln, die entsprechend der Unkompliziertheit dieser Disziplin einfach gestaltet sind. Die wichtigste Regel zuerst: Zusätzliches Gewicht mitzunehmen ist nicht erlaubt. Nur du und dein Rig. Das Rig muss FreeFly-sicher sein, bei den Geschwindigkeiten wäre eine ungewollte Schirmöffnung ein fataler GAU. Jeder Speeder hat außerdem einen akustischen Höhenwarner im Helm zu tragen und ab 1700m abzubremsen.

Beim Wettbewerb geht es um die im vertikalen Wertungskilometer zwischen 2700m und 1700m ü.G. erreichte beste (höchste) Durchschnittsgeschwindigkeit. Die Messgeräte (ProTrack2 by Larson&Brusgaard) messen die Geschwindigkeiten den gesamten Sprung über bis zur Landung. Mit Hilfe einer eigens entwickelten Software (Intervision) werden die Messdaten ausgelesen, ein Graph erstellt und die erreichte Durchschnittsgeschwindigkeit im vertikalen Messkilometer errechnet. Sie ist das Ergebnis für den Sprung und nicht die Höchstgeschwindigkeit.

Speed-Graph Gerda Klostermann Mace

Speed-Graph Henrik Raimer (SWE), Weltrekordsprung

Jeder Speeder bekommt 2 Messgeräte kurz vorm Sprung durch die Schiedsrichter ausgehändigt. Sie werden jeweils links und rechts am Lateralgurt etwa in Hüfthöhe befestigt. Direkt nach der Landung werden die Messgeräte von den Schiedsrichtern der Halterung entnommen und der Auswertung zugeführt. Pro Wettbewerb werden 8 Sprünge pro Teilnehmer absolviert, die 5 besten gehen in die Wertung ein.

Wie wird man schnell?

Nun, Kleidung und Körperhaltung sind zwei Hauptfaktoren. Was die Geschwindigkeit bremst, ist der Luftwiderstand, und der wächst im Quadrat zur Geschwindigkeit. Mental versucht man sich als einen Pfeil vorzustellen: Gerade Körperhaltung, Oberarme an den Oberkörper, Beine gerade und so geschlossen wie möglich, aber dennoch locker (!). Die Kleidung ist meist recht eng obenrum, das Beinkleid an den Unterschenkeln etwas flatterig, was bei der Stabilisierung hilft. Manche springen in Freeflykombis oder in Jeans und erreichen damit ebenfalls respektable Geschwindigkeiten. Speed muss auch geflogen werden können. Das bedeutet: üben, üben, üben.

Die ganz Schnellen machen kein Geheimnis daraus, dass ein gutes mind-set ebenso wichtig ist. Auch im Kopf sollte man ruhig und locker sein. Mit Gewalt (Anspannung) geht gar nichts. Michael Lovemores Antwort auf die Frage seines Schülers, was er bei dem Speed-Sprung jetzt machen solle: „Don‘t worry, just relax – gravity does it all for you!“, scheint mir für Anfänger eine gutes mind-set. Der noch unbeleckte, speedwillige Springer ist jetzt versucht zu glauben, das sei ja einfach, vielleicht sogar langweilig. Das ist es aber keineswegs. Wie oben erwähnt, wächst mit zunehmender Geschwindigkeit der Luftwiderstand im Quadrat. Verdoppelt man die Geschwindigkeit, so vervierfacht sich der Luftwiderstand. Sehr bald erfährt man die Kraft der Luft. Die kleinste Asymmetrie, eine etwas zu grobe Bewegung und sie gurgelt mit dir und spuckt dich aus.

Wie schnell ist schnell?

Die doppelte Geschwindigkeit eines Bauchfliegers findet man etwa im Mittelfeld der Eternal Ranking List …

Stell dir vor, du stehst an einer Klippe und schaust, wie ein Vierer an dir vorbei in die Tiefe saust. Der fliegt schnell vorbei, ein Wimpernschlag und du hast ihn verpasst. Jetzt stell dir vor, du bist in dem Vierer und es saust ein Speeder an euch vorbei in die Tiefe. Und jetzt stell dir vor, du bist der Speeder. Das wären aber erst 360-390km/h.

Die wachsende Geschwindigkeit macht die Luft „richtig hart“ (Moritz Friess, 553,33km/h). O-Ton Marco Hepp (461,73km/h): „Wenn du beim Abbremsen eine Kraft wie einen Faustschlag auf deinem ganzen Körper verspürst, dann weißt du, du warst schnell.“

Laut ist es auch, nicht nur für den Springer selbst. Das Abbremsen ist der Moment, wo sich am Boden alle Augen gen Himmel richten, weil dieses Manöver ein Getöse zwischen Düsenjäger und Donner zum Boden schickt.

In den letzten 3 Jahren hat sich das Leistungsniveau deutlich angehoben. Waren es 2015 nur 3 der Weltschnellsten, die über die magischen 500km/h kamen, waren es 2017 bereits 13. Der Weltrekord? Unvorstellbare 601,26km/h ! Zur Erinnerung: Das ist die Durchschnittsgeschwindigkeit der 1000m Rennstrecke.

Warum speeden?

Na, wegen der Herausforderung natürlich und der Erfahrung! Selbst Graurücken profitieren von Speed-Sprüngen und verbessern ihr Körpergefühl.

Besondere Ausrüstung außer einem ProTrack ist nicht notwendig, Teamabsprachen fallen weg, eine Individualsportart eben. Speed ist mit einem FreeFly-tauglichen Gerät sehr safe, keine Kollisionen, nur du und die Luft. Die Speed-Gemeinschaft ist eine sehr kollegiale Familie, wo Erfahrungen und Tipps gern weitergegeben werden. Newcomer sind herzlich willkommen!

Was sollte ein angehender Speeder mitbringen?

Um sich und andere nicht zu gefährden, sollte er/sie im Freifall eine vorgegebene Richtung einnehmen und kontrolliert beibehalten können, denn die ersten Sprünge sind selten wirklich vertikal, sondern eher ein mehr oder minder steiler Track. Grober Anhaltspunkt ist ein Erfahrungsschatz von ca. 200 Sprüngen.

Die diesjährige deutsche Etappe der ISSA World Series, der Tim Mace Memorial Cup nebst Deutscher Meisterschaft im Speed Skydiving, findet statt vom 25. bis zum 27. Mai bei Paranodon Illertissen. Das ist DIE Gelegenheit für dich, die Besten und Schnellsten dieses Globus kennenzulernen und dich im Speed auszuprobieren. Versuch‘s doch einfach mal!

Gerda Klostermann-Mace (Foto: Jason Brigmon)

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